Mehr Jugendbeteiligung wagen!

Veröffentlicht am 21.01.2015 in Pressemitteilungen

In vielen Kommunen ist die Jugendbeteiligung mal stärker, mal schwächer ausgeprägt. Seit geraumer Zeit beschäftigen sich der Juso-Kreisverband Zollernalb, sowie die Juso-Arbeitsgemeinschaften mit diesem Thema.
Juso-Kreisvorsitzender Sanel Dacic interviewte die zwei Jugendgemeinderäte Christian Woitelliet und Urs Unkauf. Er sprach mit ihnen über Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche, praktische Umsetzungen und  Schwierigkeiten.

Sanel Dacic: Urs, viele junge Menschen und Jugendliche fragen sich, welche Arten von Beteiligungsformen es gibt. Meine Frage an dich: Was für Formen gibt es genau?

Urs Unkauf: Grundsätzlich gibt es viele Klassifikationsmöglichkeiten für Beteiligungsmodelle. Mir persönlich erscheint primär die Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Jugendbeteiligungsformen sinnvoll. Jugendgemeinderäte beispielsweise werden gewählt, während sich bei Jugendforen prinzipiell alle Jugendlichen vor Ort in einem offeneren Rahmen treffen können. Daneben gibt es häufig Projektgruppen, die sich ganz spezifischen Fragen, etwa der Verkehrssituation oder Ausgestaltung von Sportplätzen vor Ort, widmen. Wichtig ist bei der Form, dass sie den Erwartungen der Akteure entspricht – Jugendliche wollen in jedem Fall ernst genommen werden.

Sanel Dacic: Wieso sollte man Jugendliche in den Entscheidungsprozess ihrer Lebenswelt miteinbeziehen, Christian?

Christian Woitelliet: Man sollte die Jugendlichen bei Entscheidungsprozessen miteinbeziehen, da sie die kommende Generation repräsentieren und sie ein Recht darauf haben sollten, mitzuwirken, was aus ihrer Sicht das Leben von Jugendlichen in einer Kommune erleichtert oder verbessert. Nur so können Kommunen auch in Zukunft attraktiv für junge Familien bleiben und damit den demografischen Herausforderungen gerecht werden.

Sanel Dacic: Christian, du warst früher Jugendgemeinderat in Bisingen. Dieser zählt zu den ältesten und aktivsten Jugendgemeinderäten in ganz Baden-Württemberg. Was denkst du, wieso war dieser Jugendgemeinderat so erfolgreich? Welche Faktoren spielten eine Rolle?

Christian Woitelliet: Der JGR Bisingen war erfolgreich, weil die Zusammenarbeit zwischen den Jugendlichen und der Kommune gepasst hat und der Informationsaustausch zwischen Jugend und Kommune funktioniert hat. Durch diese Zusammenarbeit stieg natürlich auch die Motivation der einzelnen Jugendgemeinderäte und maximierte damit den Output des sozialen Engagements vor Ort. Wichtige Faktoren hierfür waren einerseits die schon erwähnte Motivation, etwas zu bewegen. Andererseits hatte die Kommune hierfür stets ein offenes Ohr und ging den Jugendlichen hinsichtlich ihrer Ziele und Wünsche sehr entgegen.

Sanel Dacic: Oft hapert es an der praktischen Umsetzung. Welche Schwierigkeiten können auf einen Jugendgemeinderat zukommen? Wie tritt man diesen Problemen am besten entgegen?

Urs Unkauf: Es kann bei der Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern und Verwaltung zu Schwierigkeiten kommen, wenn diese einer Beteiligung Jugendlicher skeptisch gegenüber stehen und ihnen institutionelle Barrieren in den Weg legen. Bei meinen Studien zur Jugendbeteiligung in Baden-Württemberg stellte sich auch heraus, dass die lokale politische Kultur eine wichtige Rolle spielt. Daneben gibt es zahlreiche Problemvarianten auf anderen Ebnen. Sei es ein Missverhältnis zwischen Jugendrat und Betreuungsperson, sei es mangelndes Interesse an der angebotenen Beteiligungsform, oder sei es eine unzureichende finanzielle Ausstattung – die Erscheinungen und das Ausmaß von Schwierigkeiten sind ganz unterschiedlich, je nach Situation vor Ort. Deswegen müssen Beteiligungsdefizite von alle Betroffenen in einem Prozess des konstruktiven Dialogs auf Augenhöhe ausgehandelt werden, woraufhin konkrete politische Maßnahmen zur Verbesserung erfolgen sollten.

Sanel Dacic: Zum Abschluss möchte ich euch beide fragen: Was muss aus eurer Sicht passieren, damit Jugendbeteiligung noch stärker in den Kommunen von Baden-Württemberg verankert wird? Welchen Beitrag können wir als Jusos hierzu leisten?

Christian Woitelliet: Zunächst sollte ein Recht auf Landesebene zur Beteiligung an politischen Entscheidungen eingeführt werden, damit die Jugendlichen überhaupt die Möglichkeit dazu bekommen, sich in der Kommune zu engagieren und damit zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen entscheidend beizutragen. Des Weiteren müssen wir als Jusos und auch andere Jugendorganisationen der Parteien für dieses Recht eintreten und die älteren Parteiveteranen daran erinnern, welche Rolle die Jugend heutzutage spielt. Denn nur mit einer guten Zusammenarbeit zwischen den Generationen kann man das Leben in einer Stadt / einem Dorf zunehmend verbessern.

Urs Unkauf: Jugendliche brauchen ein verbindliches Recht auf Beteiligung an sie betreffenden politischen Prozessen. Dieses Recht muss auf Landesebene in der Gemeindeordnung verankert werden, wozu die Jusos gemeinsam mit vielen anderen Akteuren der Jugendpolitik im Jahr 2013 einen Beitrag geleistet haben (für weitere Informationen hierzu: www.studiengruppejugendbeteiligung.wordpress.com). Klar ist auch, dass eine Kleinstadt auf der Schwäbischen Alb andere Beteiligungsmodelle und –ansprüche vorzuweisen hat, als etwa die Landeshauptstadt Stuttgart. Die Form, in der Jugendliche beteiligt werden sollen, muss sich an den Rahmenbedingungen in der Kommune und den Erwartungen der Jugendlichen orientieren. Für diese Vielfalt in der gelebten Beteiligungspraxis, sowie eine Kultur der Beteiligungsoffenheit müssen wir Jusos weiterhin mit Worten, vor allem aber auch mit Taten durch unser Engagement in den Kommunen und im Land einstehen. 

 

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